„War wieder eins schöner wie das andere.“

muellerInterviews mit Fußballern gehen mit der Zeit. Hörte man den Antworten eines Fritz Walter oder Friedhelm Konietzka noch deutlich das zuvor mühsam auswendig Gelernte an, so machte sich ein Gerd Müller 10 Jahre später erst gar nicht so eine Schinderei: „Geh, fragst doch den Franz!“. Eben welcher Franz, der schon damals in seiner charmanten, sich stets selbst widersprechenden Art die ewig sprudelnde Quelle des dahin-labernden Geplätschers öffnete („Bullshit-Bingo“). Ließ sich in den 80ern ein durchgeschwitzter Kaugummi-Schumacher noch zu (non-)verbalen Faustschlägen gegenüber dem Reporter hinreißen, werden spätestens seit Mitte der 90er alle Fußballer mediengerecht gecoacht. Vorbei die goldenen Zeiten, in denen uns kostbare Gaben aus dem Sprachschatz eines Lothar Matthäus oder Andi Möller geschenkt wurden.
Umso erfrischender, dass mit Müller, dem Jüngeren, endlich wieder mehr Humor in die Sache Fußball-Interview hineinkommt.

Erste Frage nach seinen 3 Toren im Spiel gegen Portugal.
Zu erwartende Antwort: „Ja, ich bin natürlich überglücklich. Aber es ist letztlich ein Verdienst der Mannschaft, die … und des Trainers, der …“
Antwort Müller: „Ja, war wieder eins schöner wie das andere.“

Zweite Frage: Schon nach 12 Minuten mussten Sie einen Elfmeter schießen. Das ist doch unmenschlich schwer.
Zu erwartende Antwort: siehe oben
Antwort Müller: „Dann brauch ich mich da ja nicht hinschreiben zu lassen.“ Kurz, prägnant. Name steht halt auf der Liste. Und sonst heißt ja wohl keiner Müller.

Dritte Frage: Hitze, Luftfeuchtigkeit. Das ist doch unmenschlich schwer.
Pirlo würde sagen: „Wenn es für uns scheiße ist, dann ist es auch für die anderen scheiße.“
Antwort Müller: „Wir haben nach 20 Minuten schon mal nach oben geschaut und gedacht: Das Spiel geht aber heut lang“ (Danach werden ein paar Phrasenschweine geschlachtet, doch Müller kriegt noch die Kurve. Lies weiter.)

Vierte Frage: Das Foul an Ihnen, die rote Karte für Pepe. Wie haben sie das gesehen?
Erwartungshaltung Publikum: Pepe hat es sowieso und generell immer verdient, vom Platz gestellt zu werden.
Antwort eines Pau Breitner 1982: „Scheiß Karte! Gegen das A… stellen wir nächstes Mal lieber die Brüder Förster. Und wenn die mit ihm fertig sind, dann fährt der Briegel noch mal drüber.“
Antwort eines Marko Marin 2010: „Es war ein Kontakt da.“ (auf deutsch: Ich bin zwar schon an der Mittellinie abgehoben, als hätte mich eine Abrissbirne an derselben getroffen, aber du, Reporter, kannst mir trotz aller Kameraeinstellungen nicht beweisen, dass ich nicht nichts gespürt habe.“)
Antwort Thomas Müller 2014: „Der Faustschlag war da. Und was danach passiert ist: Ich hoffe nur, es hat nicht so blöd ausgesehen von mir“
Grandios! Müller weiß, dass die rote Karte wahrscheinlich zu hart war. Er weiß zu dem Zeitpunkt nicht genau, ob Pepe den Platzverweis für die Handbewegung oder eine (versuchte) Tätlichkeit bekommen hat. Aber er weiß: Ich habe die Entscheidung nicht zu verantworten. Und wenn der Pepe so blöd ist … damit hat Müller das Publikum, das sehr sensibel auf (scheinbare) Ungerechtigkeiten reagiert, wieder auf seiner Seite.

Danke schön, Thomas Müller!
Antwort Müller: „Ja, Danke schön. Bis zum nächsten Mal dann.“